- japanisches Theater.
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Das aus kultischen Tänzen (Dengaku »Erntebitttanz«, Sarugaku »komischer Tanz«) hervorgegangene japanische Theater fand im 14. und 15. Jahrhundert seine lyrisch-melodramatische Form im Nō-Spiel (Nō), das von einem maskierten Hauptspieler (Shite), einem unmaskierten Gegenspieler (Waki) sowie Nebenspielern (Tsure, Tomo) unter Begleitung von Orchester (Hand-, Schlagtrommel, Flöte) und Chor auf der nach drei Seiten offenen, überdachten Nō-Bühne aufgeführt wurde. In den Pausen des feierlichen Nō wurden possenhafte Szenen (Kyōgen) eingeschoben. Während das Nō besonders bei Hof und vom Adel geschätzt wurde, war das spätere Kabuki (das sich 1603 aus Tänzen der Tempeltänzerin Izumo no Okuni entwickelt hatte) ein Theater des Volkes. Im Gegensatz zum Nō traten im Kabuki ursprünglich auch Frauen auf, bis nach einem Verbot des gemeinsamen Auftretens (1628) auch die Frauenrollen von Männern gespielt wurden, wie schon zuvor im Wakashu-kabuki (»Jünglings-Kabuki«). Das Kabuki kennt - anders als das Nō - nur Schminkmasken. Die Kabuki-Bühne ist durch einen Laufsteg (Hanamichi) mit dem Zuschauerraum verbunden; seit 1758 wird eine Drehbühne eingesetzt. Schon 1670 hatte sich das Kabuki zu seiner heutigen Form entwickelt; es wurde besonders von den Schauspielern Sakata Tōjurō (* 1645, ✝ 1709, Kyōto) und Ichikawa Danjūrō I. (* 1660, ✝ 1704, Edo) sowie den Textdichtern Chikamatsu Monzaemon (* 1653, ✝ 1725) und Takeda Izumo (* 1691, ✝ 1756) geprägt. Mit dem Kabuki entwickelte sich das Figurentheater (Bunraku), dessen Blütezeit Mitte des 18. Jahrhunderts lag. Den Inhalt des Bunraku bildeten v. a. Jōruriballaden, teils erzählende, teils dramatisch-dialogische Texte (benannt nach der Hauptgestalt einer weit verbreiteten Liebesgeschichte). Nach 1868 entstand unter europäischem Einfluss das moderne Schauspiel. Das Shimpa, die »Neue Schule«, und das Shingeki, das »Neue Theater«, die sich nach 1900 entwickelten, wandten sich gegen das traditionelle, konformistische Theater. Anfänglich stand in den neuen Stücken die Auseinandersetzung mit dem Westen und seinen Idealen und später v. a. die Darstellung des modernen, lebendigen Menschen mit seinen Problemen im Vordergrund. Als weitere Formen des Theaters entwickelten sich Oper, Operette, Ballett, Revue und Musical. Gegenüber europäischen Bühnenwerken gewinnen die Werke moderner japanischer Dramatiker und Komponisten heute zunehmend an Bedeutung. Trotz der Vielfalt der Schaukunst in Japan hat sich das klassische Theater sein Publikum bewahrt. Seit den 60er-Jahren entwickelten sich auch nach neuen Ausdrucksformen suchende Theatergruppen.Japanese music and drama in the Meiji era, hg. v. T. Komiya (ebd. 1956);Japanese folk-plays, hg. v. S. Sakanishi (a. d. Jap., Tokio 1960);D. Kenny: A guide to Kyōgen (ebd. 1968);J. Barth: Japans Schaukunst im Wandel der Zeiten (1972);Einf. in das ostasiat. Theater, hg. v. H. Kindermann (Wien 21985);Kabuki. Das klass. jap. Volkstheater, hg. v. T. Leims (u. a. 21987);G. Banu: Der Schauspieler kehrt nicht wieder. J. T. heute (a. d. Frz., 1990).Weitere Literatur: Nō.Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:Gagaku und Bugaku: Höfische Musik und höfischer TanzNō, Bunraku, Kabuki: Theater des Hofes, Theater des Volkes
Universal-Lexikon. 2012.